Breites operatives Spektrum von Kopf bis Fuß

Die Kinderchirurgie umfasst ein breites operatives Spektrum von Kopf bis Fuß. Im Folgenden werden einige Krankheitsbilder exemplarisch aufgeführt.

Kopf und Hals

Im Kopf- und Halsbereich sind es die gutartigen Tumoren, kleine Fisteln vor dem Ohr, Halsfisteln oder deutlich vergrößerte Lymphknoten, die in kosmetisch ansprechender Weise vollständig entfernt werden. Bei einer umschriebenen Glatze am behaarten Kopf kann durch Expandertechnik in mehreren Schritten eine vollständige Behaarung erreicht  werden. Des Weiteren werden bei Kindern mit bösartigen Erkrankungen als unterstützende Maßnahme venöse Dauerverweilkatheter in Narkose über eine Halsvene eingelegt.

Brustkorb

Im Bereich des Brustkorbes werden angeborene Verschlüsse der Speiseröhre korrigiert, Tumoren innerhalb und außerhalb des Brustkorbes entfernt, Entzündungen mit Eiteransammlungen entlastet und Fehlbildungen der Brustdrüsen korrigiert. Am Übergang zur Bauchhöhle stellen die angeborenen Zwerchfelldefekte auch heute noch eine große Herausforderung dar. Nur durch die enge Zusammenarbeit mit den Kinderärzten auf der Intensivstation können heute viele Neugeborene mit dieser lebensbedrohlichen Erkrankung überleben.

Krankheitsbilder

Bauchhöhle

In der Bauchhöhle können Fehlbildungen an den verschiedenen Organsystemen auftreten, die einer operativen Korrektur bedürfen. Schwere Fehlbildungen, wie ein angeborener Verschluss der Gallenwege, müssen in den ersten Lebenswochen erkannt werden, damit kann im günstigen Fall eine notwendige Lebertransplantation vermieden werden. Dagegen stellt der Magenpförtnerkrampf eher ein harmloses Krankheitsbild dar. Mit einer kleinen Operation ist die Enge beseitigt und das Kind kann rasch normal ernährt werden ohne dass es schwallartig erbricht. Entzündungen des Wurmfortsatzes werden auch heute noch überwiegend offen operiert. Techniken der Röhrenchirurgie werden in Fällen eingesetzt, bei denen die Vorteile gegenüber der konventionellen Technik überwiegen. Dagegen wird die Entfernung der Gallenblase bei Kindern wegen Gallensteinen in der Regel laparoskopisch (Röhrenchirurgie) durchgeführt. Ebenso finden die laparoskopischen Techniken Einsatz beim Reflux von Magensaft in die Speiseröhre, bei Milzzysten, Zysten der Eierstöcke oder zur Abklärung unklarer Befunde in der Bauchhöhle Anwendung. Notfälle im Bauchraum können bereits bei untergewichtigen Frühgeborenen auftreten. Aufgrund der Unreife kann eine dramatisch verlaufende Entzündung des Darmes auftreten. Ein Überleben ist nur durch die enge Zusammenarbeit zwischen Kinderarzt und Kinderchirurg, einer maximalen Intensivtherapie und eine Entlastungsoperation zum richtigen Zeitpunkt möglich.

Enddarm

Weitere Schwerpunkte der Kinderchirurgie sind die Fehlbildungen im Bereich des Enddarmes mit Verschlüssen in unterschiedlicher Ausprägung oder einer gestörten Nervenversorgung, die in einer schwerwiegenden Verstopfung resultieren kann. Gerade in diesem Bereich sind gute Langzeitergebnisse nach kompetenter operativer Versorgung  wichtig. Eine gute Funktion des Schließmuskels ist bestimmend für die psychosoziale Entwicklung und das gesamte Leben unserer kleinen Patienten. Andere Enddarmerkrankungen wie Afterfisteln und Steißbeinabszesse sehen Kinderchirurgen häufig.

Bauchwand

Erkrankungen der Bauchdecken reichen von den häufigen Nabelbrüchen bis hin zur offenen Bauchspalte und dem monströsen Nabelschnurvorfall. Diese Fehlbildungen werden heute bei den meisten Kindern vorgeburtlich durch eine Ultraschalluntersuchung erkannt. In Zusammenarbeit mit niedergelassenen Frauenärzten, die sich auf diese vorgeburtliche Ultraschalluntersuchung spezialisiert haben, erhalten die werdenden Eltern frühzeitig eine ausführliche kinderchirurgische Beratung über das Krankheitsbild und die Behandlungsmöglichkeiten. Die vorgeburtliche Planung und sorgfältige Abstimmung aller beteiligten Spezialisten in Verbindung mit dem rasanten medizinischen Fortschritt führen heute bei der Korrektur solcher teils komplexen Fehlbildung zu guten funktionellen und kosmetischen Behandlungsergebnissen. Todesfälle bei diesen komplexen Erkrankungen sind heute weitgehend auf schwere Begleitfehlbildungen (Herz, Lunge) zurückzuführen.

Kinderurologie

Ein weiteres großes kinderchirurgisches Betätigungsfeld sind die kinderurologischen Eingriffe wie Vorhautverengung, Hodenhochstand, Drehung des Hodens, Krampfaderbruch oder auch kindliche bösartige Nierentumoren. Auch in diesem Bereich kommen teilweise die neuen Techniken der Röhrenchirurgie zum Einsatz.

Tumorchirurgie

Bösartige Tumoren der Leber, Nebennierengewebe, Schilddrüse, Bauchspeicheldrüse, Weichteile an Stamm und Extremitäten werden im Rahmen festgelegter und bewährter Behandlungsprotokolle angegangen. Dies geschieht unter dem Einsatz verschiedener Therapieformen (operatives Anlegen von Dauerverweilgefäßkatheter, Chemotherapie, Tumoroperation). Dabei arbeiten Kinderärzte in enger Anbindung an universitäre Referenzzentren und Kinderchirurgen erfolgreich zusammen.

Kinderunfälle

Die Behandlung von Kinderunfällen muss unter dem Wissen der Wachstumsvorgänge und des Korrekturpotenzials der verletzten Knochen erfolgen. Aufgrund der anfangs aufgeführten Besonderheiten des Kindesalters unterscheiden sich die Behandlungsprinzipien hinsichtlich Indikationsstellung und angewandten Techniken grundlegend gegenüber denen im Erwachsenenalter.

Verbrennungen, plastische Operationen

Trotz bewährter Präventionsprogramme haben Kinderchirurgen viel zu oft Verbrennungen bei Kindern zu versorgen. Dabei sind teilweise größere Operationen mit Hauttransplantationen notwendig. Treten nach Abheilung narbige Bewegungseinschränkungen im Gelenksbereich auf, werden diese durch plastische Operationen gelöst bevor es zur Einsteifung des Gelenkes kommt. In der Handchirurgie werden in unserer Klinik vom schnellenden Daumen bis zu Fehlbildungen der Hände mit überzähligen oder zusammengewachsenen Fingern korrigiert. Auf dem Gebiet der Blutschwämmchen und Gefäßmissbildungen werden in enger Kooperation mit der Hämangiomambulanz der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin operative Eingriffe durchgeführt.

Kindgerechte Betreuung

Auf unserer kinderchirurgischen Station (Operative Kinderstation C61) sind durch die freundlichen und erfahrenen Kinderkrankenschwestern, die räumliche Ausstattung, die Möglichkeit der "Schule im Krankenhaus", die regelmäßigen Visiten der Clown-Doktoren und zeitgemäßen Besuchszeiten die Voraussetzungen für eine kindgerechte Behandlung der kranken und unfallverletzten Kinder gegeben. Die Mitaufnahme einer Begleitperson aus medizinischer Indikation ist bis zum Schulalter generell gegeben. Darüber hinaus bestehende Notwendigkeiten, z. B. bei behinderten Kindern, werden vom Kinderchirurgen überprüft und entsprechend festgelegt.

Gerade bei der demographischen Entwicklung in Deutschland mit Überalterung der Bevölkerung ist es wichtig, dass es weiterhin hochqualifizierte Spezialisten gibt, die eine kompetente Behandlung anbieten. Dieses Angebot sollte sich nicht nur auf die seltener auftretenden komplexen Erkrankungen im Kindesalter beschränken. Wichtig sind auch die sehr häufigen und unproblematischen kinderchirurgischen Fällen. Im Sinne einer ganzheitlichen Medizin muss ein Artz dabei auch über das betroffene Organ hinaus auf das kranke Kind eingehen können. Dies entspricht dem kinderchirurgischen Selbstverständnis.